Stefanie Friedl - Interview mit Miranda


 

Wie letzte Woche angekündigt starten wir heute mit einem Interview der Hauptprotagonistin aus Luchstränen. Ich habe mich dafür mit ihr auf Neutralem Boden getroffen und ihr all meine Fragen gestellt. Beobachtet wurde das ganze von der lieben Stefanie...

  


Wie ist es unter Gestaltwandlern aufzuwachsen? 
Es ist etwas ganz Besonderes, was ich aber erst während meiner Schulzeit an einer Menschenschule richtig zu schätzen gelernt habe. Zu sehen, dass andere nicht ihre Gestalt wechseln können, hat mir gezeigt, welches Glück ich habe als Gestaltwandlerin geboren worden zu sein. Die Menschenkinder meiner Klasse haben mich mit faszinierten Augen angesehen, als ich mich einmal verwandelt habe. Sie wollten es unbedingt sehen. Für mich war es anfangs unbegreiflich, warum diese Kinder sich nicht verwandeln können. Ich hatte bis dahin nur mit Gestaltenwandlerkindern zu tun.

Sich zu verwandeln ist ein befreiendes Gefühl, besonders, wenn man emotional aufgewühlt ist. Alle menschlichen Gefühle sind vergessen, bei mir zumindest. Ich weiß nicht wie es anderen geht, die ihre Tiere zurückhalten müssen. Ein Tier zu sein, bedeutet die Freiheit, alles zu tun, was dem Menschen nicht möglich ist. Die Verwandlung selbst ist mit keinem Empfinden, das ich kenne, zu vergleichen. Unbändige Freude im Herzen wird abgelöst von einem Prickeln auf der Haut, gemischt mit dem Gefühl, als ob es heiß und kalt zugleich ist. 

Tierische, wilde Kraft durchströmt den Körper und wandelt ihn.Nur eines liegt mir persönlich nicht: als Tier zu essen. In diesem Punkt ist meine menschliche Seite stärker. Es widerstrebt mir, Tiere zu töten und sie anschließend zu fressen. Ich habe es versucht, meiner Luchsin zuliebe, aber der Mensch in mir sträubt sich. Also haben ich und meine Luchsin uns auf eine menschliche Ernährung geeinigt.

Was unterscheidet dich von den Menschen? 
In mir leben zwei grundverschiedene Wesen. Mensch und Tier, zwei Persönlichkeiten, die vereint werden müssen. Es gilt die Balance zu halten, damit keine vom anderen unterdrückt wird. Jede Sekunde des Lebens. Ein unsichtbarer Kampf. In den ersten fünfzehn Jahren besteht keine Gefahr, da sind die Seiten ausgeglichen. Das ist das Wesentliche, das uns von den Menschen unterscheidet.
 
Körperlich sind wir den Menschen durch die Kraft unserer Tiere zwar überlegen, aber geistig sind sie uns oft weit voraus. Die renommiertesten Wissenschaftler und Erfinder sind Menschen. Nicht, dass Gestaltenwandler dumm sind, nein, aber die Menschen sind besser in diesen Bereich. Was ich fair finde.

War deine Erziehung streng?
Ich bin die Erstgeborene eines Alphatieres. Deshalb war es mir in die Wiege gelegt, wie in den meisten Fällen, das Rudel nach dem Tod meines Vaters zu führen. Nur äußerst selten wurde nicht das Kind des Alphatieres dazu erwählt, sondern ein außenstehendes.Mein Vater wurde damals von seinem Vater trainiert, dessen Ansichten sehr konservativ waren. Das künftige Alphatier müsse besser sein als der Rest des Rudels, es durfte keine Schwächen haben. Diese Einstellung hat er an meinen Vater weitergegeben. Mein Vater hatte eine bestimmte Vorstellung, wie ich werden musste. Das Training war sehr hart. Mein Vater war dabei kalt, distanziert, ein strenges Alphatier, das alles von mir forderte. Er hatte vergessen, dass ich auch seine Tochter bin. Wäre meine Mutter nicht gewesen, die das Alphatier regelmäßig vertrieben hatte, wäre das Training noch strenger gewesen. 

Bei meiner Schwester Andrea war er immer der liebevolle Vater. Sie war schwächer und hatte Probleme. Er wollte sie beschützen. Dennoch liebe ich ihn. Er wollte nur das Beste für mich.


Spricht das Tier, das in die lebt manchmal mit dir?
Meine Luchsin kommuniziert mit mir, aber sie spricht nicht. Sie zeigt mir Bilder und Gefühle. Ich kenne sie seit meiner Geburt und weiß, was sie mir sagen will. 

Beschreibe uns dein zu Hause?
Ich lebe in einem kleinen, abgelegenen Dorf auf einer Waldlichtung. Jeder hat dort das Haus gebaut, in dem er sich wohl fühlt. Manche sind aus Holz, andere aus Ziegel oder Stein, einige befinden sich in den Bäumen. Meine Mutter liebte helle, lichtdurchflutete Räume. In unserem Haus sind riesige Glasfronten, die die Sonne hereinlassen und einen großzügigen Blick auf die Natur gewähren. Ein wunderschöner, friedlicher Ort. Um das Haus sind Blumen in den unterschiedlichsten Farben, die Bienen und Schmetterlinge anlocken. Im Sommer ist den ganzen Tag betriebsames Summen zu hören.Im Haus selbst ist viel Holz. Unsere Tiere lieben das Gefühl von Holz unter den Pfoten. 

In den sonnigen Ecken am Boden liegen flauschige Decken, auf denen wir in verwandelter Form schlafen. Aber ich habe auch ein Bett, ein großes. Alle Räume sind hell und offen. In engen, dunklen Räumen fühlen sich unsere Tiere nicht wohl. Das ist bei den meisten unserer Art der Fall.
 
Was möchtest du uns über deine Familie erzählen? 
Ich liebe jeden Einzelnen von ganzem Herzen. Sie gehören zu mir, sind mein Leben. Mit meinem Vater gab es zwar häufig Probleme, aber ich weiß, er wollte bloß das Beste für mich. Er wollte, dass ich stark bin und keine Gefahr zu befürchten brauche. 


Meine Mutter war eine ganz besondere Person. Sie war als Einzige dazu in der Lage, die harte Schale meines Vaters zu durchbrechen und das liebevolle Wesen dahinter zum Vorschein zu bringen. 

Die wichtigste Person meiner Familie ist Andrea, meine jüngere Schwester. Sie ist eine ganz besondere junge Frau. Ich kann ihr einfach alles erzählen. Sie hört mir zu, egal wie unsinnig mein Anliegen ist. Schon seit ihrer Geburt möchte ich sie beschützen. Sie wirkt zart und zerbrechlich, hat aber das größte Herz, das jemand haben kann.


Beschreibe mir das Band - das zwischen zwei Seelengefährten entsteht - wie fühlt es sich an?
Es ist das Schönste, das im Leben passieren kann. Seinen Seelengefährten findet man nur einmal im Leben. Ihn zu verlieren, ist, als ob einem das Herz herausgerissen würde. Jeder ist Teil eines Ganzen, das untrennbar ist.Ich finde, das Band ist wie ein bunter, funkelnder Regenbogen, der uns vereint, aber es ist stark wie dicke Drahtseile. Unzerstörbar. Durch das Band fühle ich Michaels Liebe, aber auch seine Trauer, seinen Schmerz, seine Wut. Er teilt alles mit mir. Denkt er an mich, spürte ich Wärme im Herzen. Das Band bedeutet Vertrauen. Ohne Vertrauen kann es nicht entstehen. Aber ist es erst entstanden, kann nicht einmal der Tod es lösen. Kein zweites Mal findet man einen Partner, mit dem man sich auf diese Weise verbindet. Alle Beziehungen danach sind farblos, weniger stark, leicht zu trennen.

Wie stehst du zu Vampiren?
Ehrlich gesagt, wie ich Maxim zum ersten Mal gesehen habe, dachte ich, ich wäre in einem Albtraum gefangen. Wie konnte das wahr sein? Ich habe im Nachhinein Dinge über ihn erfahren, die erklären, warum er so geworden ist. Er hatte es nicht einfach. Dennoch musste ich ihn aufhalten, der Schaden durch ihn war zu groß. Ich musste feststellen, es gibt auch gute Vampire. Ich habe Freunde unter ihnen. Solange sie niemandem etwas zuleide tun, haben sie durch mich nichts zu befürchten.

Nach allem was geschehen ist, kannst du da noch an das gute glauben?
Ja. Ich habe viel Schreckliches erlebt, aber ich erfahre jeden Tag Positives, das mir Hoffnung gibt. Meine Familie und meine Freunde sind eine große Stütze. Sie richten mich wieder auf, wenn ich gefallen bin. Oft ist es ein Lächeln, dann sind es aufbauende Worte oder eine Umarmung. All das sind positive Erfahrungen, die ein Licht im Dunkel sind und uns daraus herauszuführen vermögen. Man muss es nur zulassen.


Liebe Miranda
ich danke dir für dieses nette Interview und das du mir meine Fragen so offen und ehrlich beantwortet hast! Ich bin gespannt was du uns noch so alles zu erzählen haben wirst, wenn wir uns das nächste mal treffen!


Ab 15. März erwartet Euch eine besondere Leseprobe!


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